Der Kälte des Novembers in Deutschland entfliehen – das war mein Ziel als ich nach Spanien aufbrach. Das zweite Ziel war mein Spanisch zu festigen, das ich in Ecuador noch fließend beherrschte. Ach ja, und die Affen von Gibraltar wollte ich sehen und viel spanischen Wein trinken und Schinken essen, am besten jeden Tag (damit meine ich ein bis zwei Gläser trockenen Rotwein am Abend – nicht flaschenweise und im Unverstand).
Ursprünglich wollte ich ja schon auf dem Weg nach Neuseeland sein, aber aufgrund von Verzögerungen bei der Erteilung des Visums durfte ich nun erstmal eine Nummer ziehen und im Visums-Wartesaal Platz nehmen. Das kann ich ja aber auch an einem wärmeren Ort: Südspanien, genauer Málaga.
Málaga an der Mittelmeerküste Andalusiens schmückt sich mit dem Titel, die Stadt mit den meisten Sonnenscheintagen in Europa zu sein. Schon beim Landeanflug auf Málaga, sah ich jedoch überschwemmte Felder, Flussläufe, die doppelt so breit waren als sie es wohl normal sind, weggerissenen Straßen und Wege, aber vor allem: Regen. Vielleicht wären meine Erwartungen nicht so hoch gewesen, wenn ich nicht auf die Stimme in meinem Kopf gehört hätte, die mir immer wieder versicherte, als ich von zu Hause nach dem Wetter in Málaga schaute: „Das ist Spanien, da muss es warm sein.“
Glücklicherweise kam noch am Nachmittag die Sonne raus und das Wetter war fast die ganzen drei Wochen, die ich in Andalusien verbrachte, schön sonnig. Meine mitgebrachten Sandalen kamen allerdings dennoch niemals zum Einsatz – ganz im Gegensatz zu den dicken Jacken.
Nach knapp einer Woche in Málaga – mit täglichen Besuchen in der Markthalle und dem kleinen Café im Parque España – hatte ich mich an Spanien und seine Eigenheiten gewöhnt. Mit dem normalen Tagesablauf komme ich allerdings immer noch nicht klar (wie bereits in Uruguay und Argentinien):
Die Siesta geht ungefähr von 13 bis 17 Uhr. In dieser Zeit sind die Straßen leer und die Läden geschlossen. Wer um 21 Uhr Abendessen geht, muss sich nicht über verwunderte Blicke und leere Restaurants wundern; schließlich ist man auch echt noch früh dran. Eine Kneipentour beginnt frühestens um Mitternacht. Die Clubs haben dann aber noch nicht offen. Typische Abende zum Ausgehen sind Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag, aber auch an den restlichen Tagen ist immer was los. Jedoch wurde mir von allen Seiten versichert, dass die Ausgehlaune stark abgenommen hat seit Beginn der Wirtschaftskrise. Man fragt sich dennoch, wann hier eigentlich jemand arbeitet.
Aufgrund der Überschwemmungen der letzten Woche war der Strand auf kompletter Länge mit einem einmeterhohen Wall aus Treibholz bedeckt. Ins kalte Wasser haben sich ohnehin nur abgehärtete alte Männer getraut. Die umliegenden Grünflächen und der Sonnenschein luden dennoch zur täglichen Siesta unter Palmen ein. Die Stadt lernt man am besten bei einem Spaziergang kennen – auf eigene Faust oder mit einer kostenlosen, geführten Walking Tour. Den besten Ausblick hat man übrigens von der Festung der Mauren, dem Alcazaba, bei Sonnenuntergang.
Das mit dem Spanisch verbessern gestaltete sich eher schwierig, da ich meine Zeit größtenteils mit anderen Hostelbewohnern verbrachte: Engländer, Neuseeländer, Australier, US-Amerikaner, Franzosen, Schweden, Schotten, Dänen, Ukrainer, Italiener und Portugiesen um nur mal einen Auszug zu nennen. Bei den Gesprächen über Wein und Tapas war die Sprache der Wahl natürlich Englisch.
Nach den vielen Geschichten anderer Reisender über die Städte in der Umgebung trieb es mich wieder weiter. Aber einfach in einen Bus in einer Stadt einzusteigen und in der nächsten wieder auszusteigen war mir zu langweilig; ich wollte auch mal das Zwischendrin sehen – auch in der Hoffnung mehr mit Leuten in Kontakt zu kommen, deren Muttersprache nicht Englisch ist. Und so machte ich mich auf die Suche nach einem gebrauchten Fahrrad. Leider musste ich feststellen, dass die Verhandlungstaktiken, die ich auf in auf peruanischen Märkten gelernt hatte, in Spanien nicht so ganz anzuwenden sind. Dennoch denke ich, dass ich für 50 Euro einen guten Deal gemacht habe (gebrauchte Fahrräder sind in Spanien übrigens für gewöhnlich wesentlich teurer als in Deutschland). Dazu gehört ein Schloss zu Standardausrüstung, denn wenn es nach den Erzählungen der Einheimischen geht, ist man in Spanien keineswegs sicherer vor Diebstahl als in Lateinamerika.
Mein Ziel war zunächst eigentlich das britische Territorium Gibraltar. Leider hatte sich herausgestellt, dass an manchen Stellen der einzige Weg über die Autobahn führt. Und da ich recht wenig Lust darauf hatte, mein Leben auf’s Spiel zu setzen indem ich mich mit dem Drahtesel in den andalusischen Verkehr auf einer Autobahn stürze, entschied ich mich dafür den vermeintlich einfacheren Weg Richtung Osten entlang der Küste zu wähle. Nerja, ich komme…