Von Briten und anderen Affen in Gibraltar

Seit ich vor einigen Jahren zum ersten Mal ein Satellitenbild von Gibraltar  in Google Earth gesehen habe, war ich fasziniert von diesem Ort. Eine kleinen Halbinsel, die zu einem großen Teil aus einer deplatziert anmutenden Felswand besteht, die so hoch und steil ist, dass man sogar von oben deutlich einen Schatten erkennen kann. Die Halbinsel wird von der Landebahn eines Flughafen durchschnitten, die sogar zur Hälfte ins Meer ragt und zusätzlich noch von einer vierspurigen Straße gekreuzt wird.

Satellitenbild von Gibraltar

Google-Earth-Satellitenbild von Gibraltar (die rote Linie ist die Grenze)

Als ob das alles nicht schon kurios genug wäre, kann Gibraltar noch mit einigen Fakten mehr verblüffen:

Gibraltar ist ein britisches Überseeterritorium.
Die Einwohner sind Bürger des Vereinigten Königreiches und haben sogar ihre eigene Währung: Das Gibraltar Pfund (GIP). Die Telefonzellen sind die lustig roten. Aber obwohl Gibraltar britisch ist, gilt hier Rechtsverkehr (was mir erst am ersten Kreisverkehr aufgefallen ist in dem ich zum Geisterfahrer wurde).

Gibraltar, Vereinigtes Königreich, Europa

Gibraltar, Vereinigtes Königreich, Europa

Gibraltar ist der einzige Ort in Europa an dem Affen in freier Wildbahn leben.
Woher sie kommen weiß keiner so genau. Man gibt gut acht auf die Affen, denn man sagt, wenn die Affen verschwinden, endet damit auch die Herrschaft der Briten in Gibraltar. Böse Zungen könnten behaupten umgekehrt sei dies auch der Fall. Bei den Affen habe ich die wohl die meiste Zeit verbracht. Einer ist sogar auf der Suche nach Essen auf meinen Rucksack geklettert.

"Aaaaw, süüüüß!"

„Aaaaw, süüüüß!“

Der Felsen ist durchzogen von Höhlen und Tunneln.
In den natürlichen Höhlen lebten schon die Neanderthaler. Dazu kamen später künstliche Tunnel die zu militärischen Zwecken im 18. Jahrhundert in den Fels gehauen wurden. Im zweiten Weltkrieg hat man – zur Verteidigung gegen einen möglichen Angriff der Wehrmacht – den Felsen zu einem Höhlensystem ausgebaut, dass bis zu 15.000 Soldaten beherbergen sollte. Es wird heute noch von Militär genutzt und ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Bergab in den Great-Siege-Tunneln

Bergab in den Great-Siege-Tunneln

Gibraltar war von je her ein strategisch wichtiger und viel umkämpfter Ort. 
In Kürze: Zunächst herrschten hier die Römer und später die Westgoten. Die wiederum wurden von den muslimischen Mauren für einige Jahrhunderte abgelöst, bevor die Spanier die Halbinsel „zurück“ eroberten. Kurz darauf bekriegten sich die Engländer und die Niederländer um Gibraltar. England gewann und Gibraltar wurde Kronkolonie. Später starteten Spanier und Franzosen mehrere erfolglose Versuche Gibraltar gewaltsam einzunehmen. Im zweiten Weltkrieg hatte die Wehrmacht Pläne die Halbinsel anzugreifen, tat dies aber nie. Die Franzosen jedoch versuchten sich noch an einem Luftangriff und kurz danach war Gibraltar der Stützpunkt der Alliierten für die Invasion in Marokko. Ende der Geschichtsstunde.

Auch in der heutigen Zeit sind Spannungen zwischen Spanien und dem Vereinigten Königreich zu spüren, weil die Spanier gerne die Halbinsel ihr eigen nennen würden. Die Briten wären schön blöd dies zu zulassen, denn Gibraltar ist die größte Tankstelle für Frachtschiffe im Mittelmeer und wäre in einem Kriegsfall nach wie vor ein strategisch wichtiger Ort.

Grenze und Flughafen

Grenze und Flughafen

Spaniern denen ich erzählte, dass ich unbedingt nach Gibraltar möchte, waren wenig begeistert und hatten allenfalls eine abfällig Bemerkung übrig. Hilfe konnte ich da keine erwarten. Die wäre aber nützlich gewesen, denn es direkte Busverbindungen und dergleichen nach Gibraltar beispielsweise nicht gibt. Die Grenze kann nur mit eigenen Mitteln (Pkw, zu Fuß oder – wie in meinem Fall – mit dem Fahrrad) überquert werden. Direkt dahinter muss die Landebahn des Flughafen überquert werden, bevor man sich im Königreich befindet. Mit ein bisschen Organisationsaufwand und meinem Fahrrad hat aber alles geklappt.

Gibraltar Rock von der Landebahn des Flughafens aus

Gibraltar Rock von der Landebahn des Flughafens aus

Am Ende des Tages in Gibraltar kann ich meine Erfolge wie folgt zusammenfassen:

  • Eine Staatsgrenze auf dem Fahrrad überquert
  • Die Landebahn eines internationalen Flughafens mit dem Fahrrad überquert
  • Nach mehreren hundert Metern Geisterfahrt in einen Kreisverkehr in falscher Richtung eingefahren
  • Den Felsen von Gibraltar (über 400 Meter hoch) mit dem Fahrrad bezwungen – sehr zur Erheiterung aller, denen ich begegnet bin
  • Neugierige Affen von meinem Rucksack verjagt
  • …um nur Sekunden später in Affenscheiße zu treten
  • alleine durch die Kriegstunnel von Gibraltar gekrabbelt (das zweit-grusligste Erlebnis meines Lebens)
  • Afrika in einem der schönsten Sonnenuntergänge glühen gesehen
  • von einem waschechten englischen Bobby für’s Fahrradfahren in der Fußgängerzone verwarnt worden (genau genommen bin ich nicht gefahren)
Sonnenuntergang in Gibraltar

Sonnenuntergang in Gibraltar

Anschließend habe ich noch ein paar Tage in Málaga verbracht. Dort habe ich mein Fahrrad wieder verkauft, ein paar Tage ausgespannt, gut gegessen, viel Uno gespielt und Geschichten erlebt, die für Erzählungen im engere Freundeskreis reserviert sind, Sorry. 😉

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Affe mit Ausblick auf Afrika

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Mama Afrika glüht im Sonnenuntergang

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