Kaum „schöne Lüfte“ in Buenos Aires

Die Meinungen unserer Reisebekanntschaften über Buenos Aires (dt. schöne Lüfte, glatte Lüge) waren sehr gespalten. Die Einen sind begeistert von der Atmosphäre und den Einkaufmöglichkeiten (vor allem die weiblichen Besucher), die Anderen meinen man könne es keine zwei Tage in Buenos Aires aushalten: „Todos estan locos en Buenos Aires“ (dt. „Alle sind verrückt in Buenos Aires“). Meinungen dazwischen gab es eigentlich nicht. Auch ich werde mich am Ende einer der zwei Kategorien zuordnen können.

Mit 11,5 Mio. Einwohnern lebt fast ein Drittel der Argentiniern in Buenos Aires. Erstaunlich bei einem Land mit einer Fläche acht Mal so groß wie Deutschland. Und wenn ihr mich fragt: Würden die sich ein bisschen besser verteilen, wär schon viel geholfen. Die Bewohner von Buenos Aires nennt man übrigens Porteños und sie sind bekannt dafür, nie Zeit zu haben und immer gestresst zu sein.

Als wir nach unserer Überfahrt von Uruguay um 7.00 Uhr morgens in Argentinien ankamen, wurden wir gleich mal ins kalte Wasser geworfen um einen Vorgeschmack auf das Chaos der Porteños zu bekommen: Der Busfahrer verweigerte uns die Fahrt zum Hostel, weil wir zwingend in Münzen zahlen müssen. Leider gibt es allerdings an Wechselstuben keine Münzen, weshalb wir auch keine hatten. Die nächste halbe Stunde klapperten wir die Läden in der Nähe ab, in der Hoffnung wir könnten unsere Scheine durch wechseln oder das Rückgeld beim Kauf einer Wasserflasche klein machen. Scheinbar sind Münzen allerdings so rar, dass man sobald man welche in der Tasche hat, sie nicht mehr hergibt. Zum Glück haben wir dann einen freundlichen Empanada-Verkäufer gefunden, der uns ausgeholfen hat („Der hat Empanadas; der kann kein schlechter Mensch sein!“)

Unser Hostel war im jüdisch-orthodoxen Viertel gelegen. Dies hat übrigens die Suche nach Brot oder ähnlichen Backwaren (mal wieder Empanadas…) etwas erschwert, da es wohl einen jüdischen Feiertag gibt, an dem nichts mit Mehl gegessen werden darf. Das Hostel an sich war schon recht kurios. Es kam einem mehr wie eine für Fremde offene WG vor. Die Besitzer sind 24 Jahre alt und wohnen auch dort. Wer allerdings genau dort wohnt, wer nur zu Besuch ist, wer dort arbeitet und wer nur ein Hostelgast ist etc. haben wir bis zum Schluss nicht ganz herausgefunden.

Nun aber zur Stadt: Die Top-Attraktionen im Zentrum sind Shopping & Mode, Tango, argentinische Steaks, Avenida 9 de Julio und La Boca. Da mich Klamotteneinkaufen ebenso wenig interessiert wie Tango, fingen wir am ersten Abend mit einem Steak an. Die Portionen (ein gutes Kilo Lende) waren glücklicherweise so groß, dass sie uns am nächsten Tag auch noch als Mittag- und Abendessen dienten.

Dass Buenos Aires damit wirbt die breiteste Avenida der Welt zu haben (die Avenida 9 de Julio) wirkt geradezu ironisch, wenn man sich die restlichen Straßen der Stadt anschaut, die so eng sind, dass sich die Passanten auf den Gehweg regelrecht drängen. Denkt man positiv, kann man das als Training für’s Zug und Busfahren ansehen, wo ein bisschen Kraft im Ellbogen und die Fähigkeit zu klettern sicher nicht schaden kann. Ganz im Gegensatz zum sonstigen Chaos lieben es die Argentinier übrigens sich anzustellen. Selbst beim Einsteigen in den Zug formieren sie an jeder Türe so lange Schlangen, dass sie ab und zu sogar mit anderen Schlangen kollidieren.

Da es uns am zweiten Tag in der Stadt schon zu stressig wurde fuhren wir 1,5 Stunden mit dem Zug in den ruhigeren Stadtteil Tigre. Die Attraktion dort, der Hafenmarkt, hatte leider geschlossen, dennoch hatten wir einen netten Tag. Auf der Heimfahrt brach dann der Sturm aus, der sich schon Stunden zuvor mit dunklen Wolken angekündigt hatte. Die Straßen in unserem Viertel standen unter Wasser und als wir komplett durchnässt mit unserer Pizza (wir hatten uns beim Pizzaservice untergestellt) im Hostel ankamen, mussten wir feststellen, dass die Dachterrasse Marke Eigenbau den Wassermassen auch nicht ganz stand hielt. Wie wir hinterher erfuhren handelte es sich um einen Tornado, der andere Stadtteile quasi zerstört hat. Da es so ein Phänomen hier noch nie gab, hatte auch keiner damit gerechnet.

Gegen Mitternacht, als sich der Sturm längst gelegt hatte, hat uns dann irgendwann der Besitzer des Hostels zu einem Konzert auf der Dachterrasse eingeladen. Die Bluegrass-Band aus den USA hatte er eine Stunde zuvor in der Kneipe kennengelernt und mit den Worten „Bei mir gibt’s Bier“ überzeugt auch für seine circa vier Hostelgäste ein Ständchen zu geben. Obwohl die Musiker von dem Bier-Angebot ausreichend Gebrauch machten war es eines der musikalischen anspruchsvollsten Konzerte auf denen ich bislang war.

Die größte Attraktion in Buenos Aires ist wohl La Boca: ein Stadteil mit bunt angemalten Häusern und mittendrin, das Fußballstadion des Traditionsvereins Boca Juniors. Leider fiel der Besuch eines Spiels flach, da an diesem Wochenende auswärts gespielt wurde. Blieb also nur ein Spaziergang durchs Viertel. Überschattet wird der Genuss des Spaziergangs allerdings von den Touristenhorden die in Bussen an gekarrt werden und den Tangotänzern, Cafébesitzern und lebenden Statuen, die einem in Sekundentakt versuchen den letzten Peso aus der Tasche zu ziehen. Ohne Frage der „touristisch besterschlossenste“ Ort an dem ich je war.

Weicht man aber ein paar Straßen vom Epizentrum Caminito ab, wo die Häuser nicht mehr ganz so bunt sind, findet man jedoch ein bisschen Ruhe und gemütliche Cafés. Außerdem kamen wir vor der Feuerwache mit dem Kommandant ins Gespräch über den Tornado vom Vorabend. La Boca war wesentlich stärker betroffen als unser Stadtteil und obwohl es alle Hände voll zu tun gab, bat er uns spontan eine Tour durch die einem Museum gleichenden Hallen der ältesten freiwilligen Feuerwehr Argentiniens an – inklusive Besuch seines Büros, wo wir uns mit allerlei lustigen Helmen und Standarten ablichten durften.

Zusammenfassend kann man Buenos Aires in den folgenden Worten beschreiben: Chaotisch, eng, dreckig und laut. Und nach knapp drei Tagen waren wir froh endlich aus der Stadt draußen und auf dem Weg nach Córdoba zu sein.

Argentinische Flagge

 

Kaffeepause auf dem Plaza San Martin

 

Plaza Fuerza Aera Argentinien

 

Im Hafen von Buenos Aires

 

Das Riesen-Steak (leider unter den Kartoffeln versteckt)

 

In Tigre

 

Das orangene Haus: Unser Hostel

 

Obelisk auf dem Plaza de la República

 

In La Boca, Buenos Aires

 

Caminito

 

Kaffee in La Boca

 

Kaffee in La Boca

 

Typische Straße in La Boca

 

Sturmschäden vor der Feuerwehr

 

Feuerwehr La Boca

 

Feuerwehr La Boca

 

Feuerwehrgerätehaus in La Boca

 

Die Pralinenschachtel, das Stadion der Boca Juniors

 

Das wichtigste über La Boca in einem Bild